Zukunftsszenarien

Wie sieht die Welt von morgen aus? Die folgenden vier Szenarien sollen versuchen, die Schweiz im Jahre 2030 zu skizzieren:

Kollektiver Widerstand

Die letzten Tage im Juli 2030 werden wohl in die Geschichte eingehen. In der Schweiz, wie auch anderen Nationen, kam es in vielen Städten zu tumultartigen Szenen, als Regierungsgebäude, Wahrzeichen des Gewaltmonopols, gestürmt wurden. Dieser geballten kollektiven Handlungskraft ging jahrelange Arbeit vor, die etablierte Autoritäten grundsätzlich in Frage stellte, während alte Sicherheiten ins Wanken gerieten. In den letzten elf Jahren wurde die Arbeit der Parlamente systematisch untergraben, indem Menschen selbstbestimmt Entscheidungen zu ihrem Leben trafen. Die Initiative «Für eine demokratischere Wirtschaft», über die 2020 abgestimmt wurde, brachte den Stein ins Rollen. Zwar scheiterte diese an der Urne, sorgte aber für einen nachhaltigen Bewusstseinswandel. Die Menschen begannen ihre Rolle im System, in den Unternehmen zu hinterfragen. Dieser Gesinnungswandel ermutigte die Gewerkschaften, wieder mehr Teilhabe an Entscheidungen zu fordern. In manchen Betrieben organisierten sich die Arbeitnehmenden bereits selbständig in Räten und übernahmen die Kontrolle. Anfangs spaltete diese Vorgehensweise die Bevölkerung, doch die Mehrheit konnte von der Wichtigkeit dieses Vorhabens überzeugt werden. Gerade weil diese Machthierarchien so spürbar waren und die Menschen täglich mit diesen Zuständen konfrontiert wurden.

Dabei hatte das 21. Jahrhundert so tragisch und entmutigend begonnen. Krisen und die immer komplexer werdende Gesellschaft führten zu Resignation.Trotzdem regte sich Widerstand. Triebkraft der Bewegung waren die Jugendlichen und Kinder, die viel über ihre Zukunft nachdachten, aber das Träumen dabei nicht sein liessen. Dieser frische Wind entsprang der Gewissheit, dass viele der erlebten Krisen tatsächlich menschlichen Ursprungs und deshalb auch veränderbar waren. 

Mit Stimmzetteln die Welt retten.

Die Wahlprognosen für den Wahlherbst 2019 waren wie so oft vorsichtig zurückhaltend. Mit einer massiven Veränderung der politischen Verhältnisse hätte niemand gerechnet. Umso erstaunlicher waren die Wahlresultate. 50% der Parlamentarier*innen mussten ihren Platz räumen. Selbst die Grüne Partei, die dieses Jahr bereits einige Erfolge feiern konnte, war von den Veränderungen überwältigt. Sogleich folgten den Worten auch Taten. Im Frühjahr 2020 präsentierte die neue Legislative den eidgenössischen Klimaplan, einen ambitionierten und detaillierten Massnahmekatalog, um die Schweiz in Sachen Klimaschutz international zum Vorbild zu machen. Städte sollten beispielsweise vom motorisierten Individualverkehr befreit und der Selbstversorgungsgrad der Schweiz drastisch erhöht werden, um möglichen Lebensmittelknappheiten zuvor zu kommen. Mithilfe Schweizer Innovationskraft konnte Urban Farming perfektioniert werden, um die Transportwege möglichst kurz zu halten. Im Klimaplan waren neben Investitionspaketen nicht nur Verbote vorgesehen, sondern auch Subventionen, die es nachhaltig wirtschaftenden Bäuerinnen und Bauern beispielsweise ermöglichten, von ihrer Arbeit zu leben. 

Der Plan entstand hinter verschlossenen Türen, und die Beteiligten rangen um jede Formulierung, um jedes Detail. Die Differenzen waren teilweise so gravierend, dass der berühmte Schweizer Kompromiss zeitweise in weite Ferne zu rücken drohte. Weil jedoch alle dasselbe Ziel, netto null Treibhausgasemissionen bis 2030, vor Augen hatten, konnte trotzdem ein Kompromiss gefunden werden. Doch die folgenden vier Jahre würden zur Bewährungsprobe werden. Wie würden die Parlamentarier*innen in den nächsten vier Jahren arbeiten, um die Bevölkerung zu überzeugen? Diese elektorale Revolution gelang dank des öffentlichen Drucks der Strasse, der vielen Menschen die Dringlichkeit der Klimakrise erstmals näher gebracht hatte. 

Lassen wir andere die Welt für uns retten. 

Von blühenden Oasen

Ich habe genug von dieser Gesellschaft, wahrscheinlich geht es vielen so. Nur lähmt mich ein Gefühl der Ohnmacht. Einerseits gibt man mir als Individuum das Gefühl, ich sei für die Lösung der Klimakrise allein verantwortlich, andere Stimmen behaupten das Gegenteil und sehen ein dysfunktionales System. Was stimmt nun? Ich möchte endlich aus dieser Schockstarre erwachen, endlich etwas tun. Endlich Teil der Veränderung sein, die Zukunft mitgestalten und verändern. 

Ich möchte Oasen der Menschlichkeit schaffen, wo wir uns selbst sein können. Fernab der konstruierten Gesellschaft, die uns täglich unter Druck setzt. Uns zu Handlungen zwingt, die mit unseren Werten unvereinbar sind. Oasen, in denen wir Menschen nicht die Natur bekämpfen, sondern unseren Drang, vermeintlich mindere Lebensformen zu beherrschen.

Ich wünsche mir Oasen, wo der Lebensunterhalt nicht erst verdient und erkämpft werden muss, sondern jedem Menschen zugesichert wird. Wo deshalb jede*r seine*ihre Fähigkeiten optimal nutzen kann, statt sie bewerben und verkaufen zu müssen. Oasen, in denen Menschen ihr Wissen sammeln können, um die Welt gemeinsam weiter zu entschlüsseln und vorwärts zu bringen. Leben möchte ich in einer Welt, in der Menschen statt in Staus auf öffentlichen Plätzen stehen und sich austauschen. Räume, die der fortschreitenden Kommerzialisierung noch nicht anheimgefallen sind. Orte, an denen niemand muss, aber alle können und sich zu einer Bewegung zusammenschliessen und deren Stärke in der Spontanität und Offenheit gegenüber neuen Vorschlägen und Ideen liegt. Diese Bewegung möchte Alternativen auf die Beine stellen und so die Welt neu schaffen. Auch wenn nicht alle Versuche von Erfolg gekrönt sein werden, so werden im Verlauf der nächsten Jahre trotzdem erfolgreiche Alternativen zu bestehenden Strukturen aufgebaut werden. Öffentliche Räume sollen nicht der Maxime des Konsums und der Kommerzialisierung folgen, sondern sollen den Menschen mitsamt der Natur in den Mittelpunkt stellen.

Nehmen wir uns diesen Raum. Lasst uns gemeinsam Utopien im Kleinen schaffen. Die grossen werden folgen. 

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